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Heurekafarben

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Heureka erforscht und kartografiert besondere Orte und Geschichten in Deutschland.
Kuratiert von Designer Frank Leder, filtert und destilliert heureka die Essenz dieser Orte
und überträgt diese in eine moderne und gleichzeitig zeitlose Serie von Lehm- und Kreidefarben.

№. 01 — Kaolin Weiss Bild 1

Entdeckung eines Alchemisten

№. 01 — Kaolin Weiss

Wir schreiben das Jahr 1708. Eine schöne Krankheit namens “Maladie de Porcelain” zieht über Europa hinweg und ein starker Kurfürst verfällt dem weissen Gold. Ein Alchemist löst in Dresden das zerbrechliche Formelrätsel, und deutsches Porzellan ist geboren. Eine Manufaktur wird gegründet und schreibt mit Quartz, Feldspat und Kaolin Geschichte. Kein Grau-, Gelb- oder Blaustich trübt den luxuriösen Mythos. Die unübertroffene Reinheit des Kaolins aus dem nahen Bergwerk sorgt für das weltberühmte, auffallend strahlende Weiß im Porzellan aus Meissen. Bis heute.

№. 02 — Kreidefels Weiss Bild 1

Abrieb einer Klippe

№. 02 — Kreidefels Weiss

Schau erhaben in die Ferne. Schauder beim Anblick der Tiefe. Erklimm die Felsen von Millionen Jahren und Du bist König. Wissower Klinken, Stubbenkammer und Victoriasicht... Schreib ihre Namen mit Kreide an die Tafel. Schreib von Schinkel und Caspar. Schreib von romantischen Denkmälern für Naturgewalten. Schreib von Mehlschwalben und einer Eule, die keine ist. Schreib von Störtebeker, einer Schätze bewachenden Jungfrau und einer Göttin im Bade namens Hertha. Schreib vom cremigen Weiss der deutschen Klippen und sieh vor Dir die Kreidefelsen von Rügen.

№. 03 — Stenz Beige Bild 1

Begleiter für drei Jahre und einen Tag

№. 03 — Stenz Beige

Ein junger Zimmersmann auf Wanderschaft. Der Meister ist seines Weges Ziel. Drei Jahre und einen Tag wird er als Tippelbruder durch die Lande ziehen. Drei Jahre und einen Tag wird er als Freireisender auf die Walz gehen. Drei Jahre und einen Tag wird er als Geselle sein Handwerk in der Fremde neu erlernen. Das Rotwelsch wird seine Sprache. Die Riten seine Rituale. Die Kluft sitzt stramm am Körper und die Melone thront auf seinem Haupt. Der Wanderstock, ein schön geschnitzter Stenz, wird ihm Weg und manches Weib weisen. Sein Ohrring, ein Zeichen seiner Zunft. Doch wehe, er verliert die Ehre! Ritsch, ratsch, weg mit dem Schmuck! Dann fällt der Zimmermann, und ein Schlitzohr bleibt zurück.

№. 04 — Barbarossa Beige Bild 1

...Beim Barte des Kaisers

№. 04 — Barbarossa Beige

Steinern sitzt er auf dem Berg. Sieht von oben herab ins Thüringer Land. Sagen erzählt er, von Freiheit, Gerechtigkeit und einem herrlichen Reich, das es so nie gab. Barbarossa nennt man ihn, den Kaiser. Ein Kreuzzug nach Jerusalem endet mit seinem Tod, doch sterben darf er nicht. Im Kyffhäuser, unter Tage, hält das Schicksal und Gedanken ihn gefangen. Warten auf bessere Zeiten, die nicht kommen. Ein Bergschloss, eine glänzenden Halle und ein goldener Tisch. Sein Kinn ruht darauf und sein Haar wächst. Wächst. Wächst jahrhundertelang, bis ein Zwerg die eine Frage stellt: Welche Farbe hat sein Bart?

№. 05 — Spur H0 Grau Bild 1

Spannungsregler einer Baugröße

№. 05 — Spur H0 Grau

Auf Spur im Hobbykeller. Blühende Landschaften aus Zinnblech und Kunststoff auf bundesdeutschen Durchschnittsteppichen. Von Null auf Eins. Stets spielbereit. Hochfeine Nostalgie. Vollautomatisch. Der jahrhundertealte Kindertraum zerplatzt im Pillenknick. Der erwachsene Mann als neues Paradedampfross. Am Anfang ist stets die Gleiswüste, am Ende Deutschland, Europa und die Welt im Masstab 1:87. Lokomotiven. Wagen. Gebäude. Bäume und Landschaften in Nenngröße. Transformatoren sorgen für kontrollierte Spannung. Runde um Runde dreht die Modelleisenbahn. Im Diorama der Glückseligkeit.

№. 06 — Weimaraner Grau Bild 1

Fell eines Aristokraten

№. 06 — Weimaraner Grau

Seit Jahrhunderten zieht er uns in seinen Bann. Ein Jäger mit edlem Gemüt. Ein anmutiger Deutscher mit bestechendem Blick. Aus der Stadt der Dichter und Denker, Designer und Demokraten, schön wie Lyrik von Goethe und Schiller. Geboren am Hofe des Großherzogs, ein Hund mit schlanker Gestalt und aristokratischer Haltung. Ein Tier mit stolzem Charakter und Schärfe für Raubzeug. Sein kurzes Haarkleid glänzt wie geölt. Die Farbe seines Fells zieht Blicke auf sich. Grau. Silber. Schimmer. Ein leichtes Blau. Hundertfach verewigt, der Weimaraner.

№. 07 — Piste Grau Bild 1

Bremsabrieb einer Kurve

№. 07 — Piste Grau

Preußisch-Sibirien inmitten der Eifel. 1925 Spatenstich für 28 Kilometer Asphalt, Angst und Adrenalin. Grüne Hölle auf grauem Grund und über allem trohnt die Ruine einer mittelalterlichen Burg. Silber schiessen die Pfeile. 33 mal links, 40 mal rechts. Vorbei mit dem Auto am Schwedenkreuz und Hedwigshöhe. Die Massen feiern ihre Helden bei Würstchen und Kartoffelsalat. Dann fängt die Gefahr Feuer und Zeiten ändern sich. Was bleibt, ist der Mythos Nürburgring und der hundertfache Bremsabrieb ungezügelter Geschwindigkeit auf einer der schwierigsten Rennstrecken der Welt. Was bleibt, ist das Grau der Piste.

№. 08 — Goethes Gartenhaus Grün Bild 1

Anwesen eines Universalgelehrten

№. 08 — Goethes Gartenhaus Grün

Weimar. Ein Tag am Ende des 18. Jahrhunderts. Ein kleines Gartenhaus steht am Fuße des Horns. Es blüht, gedeiht und wächst um dieses Paradies des guten Glücks. Im Arbeitszimmer schläft Christiane auf dem Sofa, während Wolfgang gedankenverloren am Sitzbock lehnt. Es stürmt und drängt ihn, den grossen Dichter, nach Wein, Weib und Werther. Nach Klassik und Italien. Wer reitet so spät durch die Nacht? Was will Gretchen von ihm wissen? Und wo ist Iphigenie? Er blickt aus dem Fenster, die Landschaft verschwimmt mit den grün getünchten Wänden des Raumes. Die Vögelein schweigen im Walde, und Goethe weiß: Über allen Gipfeln ist Ruh.

№. 09 — Ivenacker Eichen Grün Bild 1

Symbolkraft tausender Jahre

№. 09 — Ivenacker Eichen Grün

Fünf von Ihnen an der Zahl. Zeugen von Leben und Zeit. Tag um Tag. Jahr um Jahr. Jahrhundert um Jahrhundert stehen die Ivenacker Eichen im Mecklenburger Wald. Hier trieben die Slawen ihr Vieh zusammen. Hier fraß sich gräfliches Dammwild satt. Und hier ranken sich Sage um Sage um den stolzen Baum. Man erzählt sich von Nonnen, die einen verlorenen Pakt mit den Teufel schlossen und nun ins Holz verdammt sind. Man spricht von sündhaftem Anblick und nackter Scham. Und von einem Verlobungsring, der fest im Stamm der Ivenacker Eichen verwachsen ist. Was bleibt, ist das Grün ihrer Blätter. Fünf von ihnen an der Zahl. Trotzen knorrig Leben und Zeit.

№. 10 — Immanuel Kant Rot Bild 1

Ohrläppchen eines Philosophen

№. 10 — Immanuel Kant Rot

Dichter und Denker auf gummiertem Papier. Die deutsche Reichspost ehrt 1926 die Besten des Landes. Goethe und Schiller. Leibniz und Lessing. Bach und Beethoven als Briefmarkendauerserie. 15 Pfennig für den Philosophen der Aufklärung. 15 Pfennig für Immanuel Kant. Das Konterfeit in Rot und Creme, Wasserzeichen in Waffel und Kamm in Zähnung. Der Briefumschlag als Kritik der reinen Vernunft. Der Inhalt: Sapere aude! Was bleibt, ist diese Farbe und vier Fragen für Kant. Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch?

№. 11 — Lola Montez Rot Bild 1

Im Haar einer Schönheit

№. 11 — Lola Montez Rot

Tanzidyll im Vormärz. Eine falsche Spanierin residiert im Bayerischen Hof und ein König verliebt sich. Pünktlich kommt er jeden Abend zu Besuch, während ein Corps aus Lolamannen und eine Dogge namens Turk in Schwabing spazieren gehen. Eitles Spiel einer Femme Fatale. Studenten rebellieren, Räte skandieren. Und dann stürtzt ein Engel in München. Was bleibt, ist eine rote Blume im Haar auf einem Gemälde im Schloss Nymphenburg. Ein Rot, das verführt. Ein Rot, das an skandalöse Liebe in prüden Zeiten erinnert. Ein Rot namens Lola Montez.

№. 12 — Alt Berlin Braun Bild 1

Patina einer Spelunke

№. 12 — Alt Berlin Braun

Enge Gassen, umringt von Vereinen, blüht der Schwarzmarkt in Ruinen. Hier, im Schatten der Mauer und im Licht des Turms, gibt es den einen Ort, der immer ewig ist: Alt-Berlin. Kneipe am Eck. Ikone der Nacht. Startschuss und Endstation zu gleich. Lang und dünn stehen Biberkopf und Biermann an der Bar. Während Dix mit einer DJane im Hinterzimmer feixt. Bulletten bröseln, Soleier dösen und Mampen warten betrunken auf die bessere Hälfte. Rauchschwaden ziehen auf. Welches Jahr schreiben wir? Das Schwarz-Braun der getäfelten Wände erzählt es nicht. Was bleibt, ist ein Schluck bei Heinz und Inge, das Beste aller Dinge.

№. 13 — Meistersaal Braun Bild 1

Schwingungen eines Tonstudios

№. 13 — Meistersaal Braun

Am Rand einer zerissenen Stadt und im Zentrum Berlins wird ein Geheimratsviertel zum Niemandsland. Hier, vor der Mauer, steht eine grosse Halle und steht sie noch davor. Sechs Säulen führen zum Ruhm. 266 Quadratmeter Meistersaal, Ballhaus Susi und Studio 2. Die Zeit bringt Deine Namen und Gäste. Das Handwerk feiert hier ihre Meister, Tucholsky seine Bücher und Bowie sein Talent. Aber warte, in der Wandelhalle sehe ich noch die Schatten von Zarah Leander, Nick Cave und Nina Hagen. Ihre Musik zusammengerollt unter Deiner hölzernen Decke. Ja, warte Baby. Hab acht, hier sind wir Helden.

№. 14 — Eckhard Dagge Blau Bild 1

Veilchen eines Boxers

№. 14 — Eckhard Dagge Blau

Im Dschungel von St. Pauli blüht ein wahres Kiezgewächs. Es floriert in Ritzen und Spelunken. Wird gegossen von harten Kerlen mit weichem Kern, von Schweiss und zu viel Alkohol. Deine falschen Blüten heissen Japaner-Joe, Kungfu-Rainer oder Ecken-Ecki. Im Dschungel von St. Pauli wächst ein blau-lila Blümchen. Es beugt sich im Sturm der Faustschläge, hält sich wacker im Seil und teilt kräftig aus, wenn es an der Reihe ist. Frauenhände streicheln es, Ganovenkreisen schmeichelt es und die Hamburger Polizei vereitelt es. Ja, ein wahres Kiezgewächs, das Boxer Veilchen. Im Dschungel von St. Pauli gedeiht es.

№. 15 — Bargfeld Blau Bild 1

Farbband eines Schriftstellers

№. 15 — Bargfeld Blau

Ein Traum in drei Spalten. Kein Zettel in Sicht. Das Klackern der Schreibmaschine drängt sich auf. Was >Worte< sind, weißt Du -? / (Ich nicke, denn ich war Arno Schmidts Farbband.) Blau=Tief. Feucht=Papier. Neu=Sprache. Meine Wahrnehmung der Gegenwart ist löcherig. Momente in der Aufnahme, beschädigtes Tagesmosaik. Leviathan, Schwarze Spiegel, Aus dem Leben eines Fauns, Die Gelehrtenrepublik. Perlenkette kleiner Erlebniseinheiten. Görlitz. Stenografie. Lagerbuchhalter. Alice und die vertikale Liebe. Lüneburger Heide. Autor. Erfolg. Bargfeld. Ich bin Arno Schmidts Farbband. 23513 Tage Leben. 626 Zeichen Text.

№. 16 — Darkroom Schwarz Bild 1

Erkenntnis eines Hinterzimmers

№. 16 — Darkroom Schwarz

Hinter dem Theater gibt’s Theater. Ein rosa Mythos in München. Hier pöbelte und vögelte Rainer (Werner Fassbinder). Hier ritt und befreite sich Freddy (Mercury) von Lügen und der frivole Fasching schreibt Stadtgeschichte. Im Hinterhof, ein buntes Herrenbadehaus, in dem deutsche Eichen stramm stehen. Eine Klingel zu homosexueller Glückseligkeit. Dampfbad und Darkroom. Wurstsalat mit Liebesschaukel. Pornos flackern, Ketten klackern, Haut reibt sich und Finger suchen begierig. 90 Grad. Stöhnen zieht durch die dunklen Gänge des Labyrinths. Aufguss und Erguss im Mekka der bayerischen Lust.

№. 17 — Gradierwerk Weiss Bild 1

Im Schatten einer Kur

№. 17 — Gradierwerk Weiss

Einatmen. Hochherrschaftlich erlesen in die Sommerfrische, ganz Europa ist zu Gast im Bad von Welt. Kellner im Frack servieren Trinkkuren und Tinkturen. Zweimal täglich spielt das Orchester in der Konzertrotunde. Flanierte Bademusik für Kneipp und Moor. Die Kur als Privileg betuchter Stände. Zeitlose Lust, zu sehen und gesehen zu werden. Die Brunnenfrau reicht ein Schluck Bitterwasser in der Wandelhalle. Durchatmen. Das Gradierwerk als hölzernes Freiluftinhalatorium. Mit Salz geschwängertes Wasser rieselt über Dornenkronen. Auch der frommste Kurgast sündigt. Liebe auf Zeit, gemeinsam geheilt. Ein kleines Plundergebäck gefällig? Ausatmen. Unter den Arkaden ist noch ein Plätzchen frei.

№. 18 — Aerostat Gelb Bild 1

Auftrieb einer Pionierin

№. 18 — Aerostat Gelb

Weiblicher Wagemut in weiten Wolken. Sensation in luftiger Höhe. Crowdfunding à la Biedermeier: Wilhelmine Reichard, Deutschlands erste Ballonfahrerin. Das „luftschiffernde Frauenzimmer mit reizendem Erscheinungsbild“ zieht am Anfang des 19. Jahrhunderts die Massen in ihren Bann und auf ihre werbewirksamen Luftreisen. Aufstieg mit Programm: Musik spielt, Tauben steigen, Blumen streuen, Ballon fliegt, Zettel flattern, alles jubelt, gut bezahlt. Sie feiert bodenständig Rekorde und überlebt selbst den Höhenflug im Fall. Acht Kindern schenkt Wilhelmine das Leben und siebzehn Luftfahrten der Geschichte. Geflogen in einem roten Ballon mit aerostat-gelben Streifen.

№. 19 — Lucia Moholy Grau Bild 1

Wahrnehmung einer Fotografin

№. 19 — Lucia Moholy Grau

Visionärin im Schatten einer männlichen Zeit. Die Ehefrau als Rolle. Gespielt an einem deutschen Haus, wie es die Welt noch nicht gesehen hat. Hier baut Design Zukunft. Ihre Fotos gestalten Ikonen: Meister, Häuser, Meisterhäuser. Lampen, Stühle, Schüler. Form, Funktion, Fantasie. Arbeit ohne Lorbeeren, aber mit silbergrauer Präzision. Die Liebe bricht, das Haus stürzt und Böses zieht ein. Flucht. Ihr Werk aus Licht, Reduktion und Silbergelatine scheint zerstört. Doch durch den Schein trügt sich meisterlicher Verrat. Der falsche Freund wandelt fragile Negative zu fraglichen Positiven. Nur sein Name wird gehört. Doch wir wissen, wir sehen: sie, die Pionierin in weiblicher Selbständigkeit.

№. 20 — Mephisto Gelb Bild 1

Einband einer Demaskierung

№. 20 — Mephisto Gelb

Lauf. Lauf, Mephisto. Lauf mit, ein Mann will Dich ergründen. Zwei Schwäger, in Liebe vereint, in Werten entzweit. Der Eine: zynischer Mime als Opportunist, aalglatt auf den Brettern der Welt. Der Andere: literarischer Außenseiter mit Erbe am Zauberberg, Tabubruch auf Papier. Der Eine: Gebückt in den kometenhaften Aufstieg, ein Star des neuen Reichs. Verführt verrät er, Prinzipien vergräbt er. Der Andere: Ins Exil. Kalte Worte. Böser Text. Erzählung auktorial. Paris lacht, aber sein Roman hat keinen Schlüssel. Ein Freiexemplar als Gretchenfrage. Lauf, Mephisto, lauf. Zerstreu die Mörder. Glücklich stirbt hier keiner. Deutschland, Dein Literaturskandal und Farbe als Manifest.

№. 21 — Blautopf Blau Bild 1

Farbtiefe einer Quelle

№. 21 — Blautopf Blau

Am Ostrande der schwäbischen Alb, im Tal der Urdonau, da wartet sie auf Dich. Ein Kessel Karst voll wundersamer Quell, die schöne Lau im blauen Topf. Tauch tief ein in die Welt der Wasserfrau. Schenk ihr fünf Lachen, dann ist sie frei. Zieh Deinen Helm auf, die Apokalypse wird kommen. Du musst kriechen und schwimmen, durch Gänge steinig, wüst und kraus. Trockne Dich im güldernen Palast der Nixe. Tanz mit Zwergen, Affen und Hofdamen. Eine küssende Sau sieht zu. Ja, tauch tief ein in die schöne Bläue des kristallhellen Wassers. Vergiss Dein Tintenfass nicht!

№. 22 — Hörsaal VI Grün Bild 1

Stehpult eines Denkers

№. 22 — Hörsaal VI Grün

Ruhe bitte im Hörsaal! Reißen Sie die Türen weit auf, die Welt soll hören, was er zu sagen hat! Er, der revolutionäre Bürger. Er, der kritische Theoretiker. Er, der Mann am grün getünchten Stehpult. Er, Theodor Adorno, geboren auf grüner Wiese und Frankfurter Grund. Geprägt vom deutschen Idyll, ein komponierender Philosoph, der den Menschen zur Mündigkeit erzieht. Im richtigen Leben ist er nie falsch. Von London, New York und Los Angeles zurück zur Frankfurter Schule. Immer denkend, nie wütend. Kein Opfer der Kulturindustrie, keine Persönlichkeit im Autoritären. Der alltägliche Wahnsinn bewegt die Republik. Unruhe auf Stühlen und Straßen. Der Weiberrat zieht blank. Minima Moralia. Haben Sie Horkheimer gesehen?

№. 23 — Eisenstein Rot Bild 1

Eruption einer Täuschung

№. 23 — Eisenstein Rot

Traum eines Fürsten. Das Gartenreich als Grand Tour. Wallfahrtsort der gebildeten Welt, Aufklärung für den Untertan. Jeder ist geladen, jeder wird eingelassen. Kein Zaun, Besuch bitte bei der Kastellanin melden. Sei gerührt von Seen, Wäldchen und elysischen Feldern. Sei englischer Landlord in italienischer Kulisse. Inszenierter Blick soweit das Auge reicht. Das Tier in bukolischer Szene, der Hirte bist Du. Landesverschönerung nach Anhaltinisch-Dessauer Art. Im Parkführer findest Du Gebrauchsanweisung: Einsamkeit, feierlich. Gedanken, mystisch. Erschreckt, ängstlich. Der Wörlitzer Vesuv spuckt eisenrote Funken. Kontrollierte Eruption inmitten von Findlingen. Goethe war auch schon hier.

№. 24 — Kometen Grün Bild 1

Berufung einer Astronomin

№. 24 — Kometen Grün

Im grünen Schweif des Kometen blickt sie zum Himmel. C/1786 P1. Kind der Aufklärung in Zeiten der Vernunft. 1750 geboren, scheint ihr Weg im deutschen Bürgertum vorbestimmt: Aschenputtel, Ehefrau, Magd. Ein unerträgliches Schicksal für Caroline Lucretia Herschel, doch der Bruder kommt zur Rettung. In Personalunion nach England, Assistenz der Himmelsdurchforstung. Er entdeckt Uranus, sie ihren messianischen Weg: Astronomie. Ihre Akribie birgt Wunder und macht sie mit fünfzig Pfund zur ersten Frau in einer wissenschaftlichen Anstellung. Ausgezeichnet entdeckt sie Irrsterne, Krater, Nebel und Galaxien. Ein Stück Mond trägt ihren Namen und ihr Schicksal steht in Deinen Sternen.

Heureka macht den Unterschied